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Costa Rica, Brasilien, Äthiopien sind eine kleine Auswahl Kaffee produzierender Länder, die es sich als Kaffeeröster zu besuchen lohnt. Doch warum eigentlich genau? Reicht es nicht, dass ich als Kaffeeröster weiß woher mein Kaffee kommt, muss ich auch noch persönlich hinreisen? Diese und weitere Fragen beantworten wir dir in diesem Blogpost, basierend auf unseren Erfahrungen. 

Fachliche Bildung

Die Wertschöpfungskette des Kaffees verstehen

Wenn Kaffee in Hamburg, Bremen oder Antwerpen ankommt, dann ist er schon geschält und praktisch fertig zum Rösten. Doch welche Schritte sind dem vorangegangen? Eine Reise in den Kaffeeursprung bedeutet alle Schritte bis zur Verschiffung kennenzulernen. So erst ergibt sich das ganze Bild entlang der Wertschöpfungskette im Kaffee, vom Strauch bis in die Tasse. Im Ursprung stehen daher Besuche bei Farmen, verarbeitenden Betrieben wie Kooperativen und Expoerteuren an. Manchmal ergibt sich auch die Gelegenheit bei einer Forschungseinrichtung oder einem Kaffee-Institut reinzusehen.

Ernte verstehen

Bei den von uns organisierten Ursprungsreisen legen wir Wert darauf, auch mal aufs Kaffee-Feld gehen zu dürfen. Manchmal werden wir nach Wünschen zum Programm gefragt, und bringen es dann dort mit an. Bis jetzt hat es immer geklappt und das hat uns immer sehr gefreut. Warum? Kaffee ernten, also zu pflücken, ist eine besondere Erfahrung. Ausgestattet mit Körbchen geht es in die Büsche. Unsere Erfahrungen beziehen sich bis jetzt vor allem auf das Pflücken per Hand, genauer gesagt, das „selective picking“. Hier werden nur die Kirschen geernet, die dem vorher besprochenenen Reifegrad entsprechen. Beim Kaffee pflücken lernt jeder sehr viel über diese oftmals beschwerliche und mitunter monotne und teilweise auch gefährliche Arbeit. Beschwerlich, weil es körperlich anstrengend ist, gerade für Ungeübte. Monoton, weil man im Grunde immer das gleiche tut, ohne Abwechslung. Ein bißchen meditativ. Gefährlich, weil zwischen den Sträuchern immer wieder Insekten lauern, die es nicht immer gut mit dem Menschen meinen.

Farmer verstehen

Sehr viel kann man aus den Gesprächen mit Farmern lernen. Mit welchen Herausforderungen arbeiten sie, was bewegt sie, wie schätzen sie die Zukunft des Kaffees und ihres im Besonderen ein. Stolz zeigen die Farmer ihre Anlagen und Plantagen, führen freundlich herum und sind sehr offen für Fachfragen. Im Laufe einer Tour ist es auch üblich mehrere Farmer zu besuchen. Hier bietet sich die Chance zu verstehen, dass Farmer nicht gleich Farmer ist, und wie sich Unterschiede zeigen. Ebenfalls erhält man einen Einblick in die Perspektive, die ein Farmer auf seinen Kaffee, Kaffeequalität, sowie Kaffeehandel mitbringt. Hier liegt großes Potential für „Aha“-Effekte am laufenden Band.

Wissen vertiefen und erweitern

Wie fühlt sich „honey process/pulped natural“ Kaffee eigentlich an? Wie klebrig genau ist die Mucilage, die den Pergamino umgibt? Wie wird ein Sample für den Export fertig gemacht und welchen Stellenwert besitzen die Punkte bei der Bewertung von Kaffee im Anbauland? Bei einem Besuch auf einer Kaffeefarm kann man sehr gut das oftmals theoretische Wissen zu Aufbereitung und Varietäten mit praktischen Erfahrungen verknüpfen. Und zwar von der Aufzucht und den Varietäten bis hin zum Export. Graue Theorie erhält Farbe, Erfahrungen von anderen Reisen erhalten eine zusätzliche Dimension. Wer meint er kennt schon alles, wird auch hier immer wieder aufs Neue überrascht und hebt sein Wissen auf einen weiteren Level.

Austausch der Röster untereinander

Oftmals umfasst die Gruppe mehrere Röster aus verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichen Konzepten. Gemeinsam führt man diese Tour durch und profitiert gegenseitig vom Austausch. Ob beim Frühstück, auf der Farm, oder im Bus zurück – Es ergeben sich immer gehaltvolle Fachgespräche, die jeden weiterbringen. Auch davon lernt jeder unglaublich viel. Manchmal ergibt sich sogar der gemeinsame Einkauf von Kaffee. Passt perfekt zur Geschichte, die man zu Hause dazu erzählen und bebildern kann. Ebenfalls profitiert jeder von den Fragen der anderen, zum Beispiel beim Besuch einer Kaffeefarm oder eines Exporteurs. In der gemeinsamen Runde teilt man Informationen des Tages, denn nicht jeder kann immer überall dabei sein und zuhören. Viele Kontakte zu Röstern bestehen noch heute und ziehen sich über den ganzen Globus. Die Kaffeewelt kann sehr klein sein.

Jede Kaffeetour ist anders

Bei mehreren Kaffeeursprungsreisen in verschiedene Länder ergibt sich die Gelegenheit verschiedene Systeme kennen zu lernen. Wie organisiert sich Land A, wie organisiert sich Land B? Wie ist der Kaffeeanbau organisiert, welche Einrichtungen gibt es, wie viel Kaffee welcher Qualität wird exportiert, welcher und wie viel ist für den heimischen Markt bestimmt? Jedes Kaffeeanbauland besitzt seine eigene Charakteristik gewachsen aus der Geschichte und strategisch aufgestellt für die Zukunft. Wer mehrere Kaffeereisen in den Ursprung unternimmt wird mit einem wachsenden Wissen zur Vielfalt des Kaffeeanbaus, der Kultur und des Kaffeehandels belohnt.

Betriebsausgaben

Kosten im Zusammhang mit einer Kaffeereise in den Ursprung gehören bei Kaffeeröstern zu den Betriebsausgaben. Hier lohnt es sich auch im Vorfeld einmal mit dem/der Steuerberater/in zu sprechen. Bei manchen spielt auch dieser Aspekt sicher eine Rolle, tut er bei uns auch. Daher ist es immer wichtig ein Programm zu erhalten, damit das Finanzamt nachprüfen kann, dass die Reise kein Urlaub war, sondern einen fachlichen wie beruflichen Hintergrund hat.

Persönlichkeitsbildung

Reisen bildet

Keine hohle Phrase, Reisen ist schwere Arbeit für Körper und Gehirn. Zugleich ist Reisen sehr bereichernd und motivierend, zum Beispiel, wenn man sich den Weg zum Hotel selbst gesucht hat, das Taxi-System verstanden hat, oder auch nur einige Brocken der Landessprache über die Lippen bringt. Reisen fordert uns heraus, bekannte Pfade zu verlassen und uns auf neue Gegebenheiten einzustellen. Gerade Reisen, die uns in den Kaffeeursprung führen, sind nochmal etwas anderes verglichen mit Reisen innerhalb Europas, zum Beispiel. Es sind oftmals Fernreisen und Langstreckenflüge, es gelten besondere Einreisebstimmungen, Visa- oder Impfpflichten. Gerade an diesen und weiteren Herausfoderungen wächst man in seiner Persönlichkeit und weitet seinen Horizont. So bildet eine Reise in den Ursprung nicht nur fachlich, sondern auch persönlich.

Interkulturelle Erfahrungen

Jede Reise in ein Kaffeeland ist eine kulturelle Bereicherung. Wie trinkt man vor Ort Kaffee, nach welchem Rhythmus lebt die Gesellschaft, wie werden Mahlzeiten eingenommen, wie ist der öffentliche Nahverkehr organisiert, gibt es Busse oder Bahnen, und welche Dialekte werden gesprochen? Wie ist das Bildungssystem organisiert, welche Währung existiert, was ist üblich und was ist gesellschaftlich untragbar oder strafbar? Spannende Beobachtungen und Erfahrungen warten an jeder Ecke und an jedem Tag. Es kann ein guter Gradmesser sein, die eigenen Einstellungen zu überdenken, beizubehalten oder sich neue anzueignen. Oftmals wundert man sich, welche Zeichen überall auf der Welt gelten, und wie man sich trotz unterschiedlicher Sprachen verständigen kann.

Mögliche Hindernisse

Sprache

Spanisch, Englisch, Portugiesisch, Französisch sind nur eine kleine Auswahl der Sprachen im Kaffeeanbauland. In Mittel-/Lateinamerika und Südamerika wird auch vereinzelt Deutsch gesprochen. Für wen die Wahl der Sprache ein Grund zur Sorge ist, der kann sich auf mehreren Wegen behelfen. Es gibt Kaffeereisen, bei denen die Gruppe aus deutschsprachigen Röstern zusammengesetzt ist. Auf drei von unseren Reisen war dies zum Beispiel der Fall. Vor Ort sprechen wir Englisch oder Spanisch und übersetzen in beide Richtungen wenn es hakt. Auf unserer letzten Reise nach Peru im August 2018 sprach auch unser Konakt vor Ort Deutsch, mit den Mitarbeitern sprachen wir Spanisch oder Englisch. Für wen dieser Aspekt wichtig ist, der erkundigt sich einfach im Vorfeld, mit welcher Sprache man rechnen muss. Auch ein VHS-Kurs kann helfen etwas Basisvokalbular aufzubauen. Die Kosten kann man bei der Steuererklärung einreichen. Auch vor Ort kann man jederzeit einen Mitreisenden bitten, eine Frage und die Antwort zu übersetzen.

Interkulturelle Kompetenz

Oftmals ergibt sich auch die Frage nach dem richtigen Verhalten vor Ort. Was kann man fragen, was besser nicht? Was für den einen witzig ist, ist für den anderen sehr verletztend. Hier lernt man jedoch schnell voneinander, menschliche Intuition hilft dabei. Zugleich wollen manche Fragen wohlüberlegt oder wohlformuliert sein. Denn wir wissen nicht, in welches Wespennest wir mit einer uns vermeintich harmlos erscheinenden Frage stoßen werden. Es lohnt sich immer im Hinterkopf zu behalten, dass wir Gäste sind, und uns einfach auch als solche verhalten sollten: Wir zeigen Interesse an der Farm und den Prozessen, stellen Fachfragen und zollen der großartigen Arbeit vor Ort stets Respekt. Wenn die „Chemie stimmt“ ist vielleicht ein vertrautes Gespräch möglich. Wer hier zögert und diesen Aspekt der interkulturellen Kompetenz für sich als Sorge oder Hindernis ausmacht, der folgt vielleicht dem Ausspruch „watch the others“. Inhaltlich bezieht es sich darauf, erstmal defensiv und abwartend in Situationen zu gehen, und die Einheimischen zu beobachten. Was sie machen, kann man oft nachahmen und ist auf der tendenziell sicheren Seite. Im Tourismus-Bereich ist man eher auf ausländische Gäste eingestellt und ist den vielfältigen Formen menschlichen Verhaltens offener gegenüber. Wer sich auf seine Kompetenzen testen möchte, schaut nach einem Kurs bei der VHS oder einem anderen Bildungsanbieter.

Ablauf einer Reise

Wie läuft so eine Reise eigentlich ab? Als Kaffeeröster wirst du auf eine Reise in den Ursprung aufmerksam und du klärst mit dem Organisator oder Anbieter alles ab – und dann? Für manche ist es wichtig zu wissen, wann man wo sein muss. Wer bucht den Flug und was soll man denn mitbringen? Aus unseren Erfahrungen aus dem Cup of Excellence Programm, sowie vielen Kaffeeursprungsreisen war es häufig so, dass es ein Datum gibt, zu dem man sich im Kaffeeanbauland befinden soll. Einfach, weil das Programm dann losgeht. Bis zu dem Punkt ist jeder frei in seiner Reiseplanung. Manche reisen pünktlich zum Beginn der Tour an, und sind direkt danach wieder auf dem Weg zurück. Andere verbringen noch einige Tage vorher oder nachher im Anbauland. Wieder andere besuchen noch ein anderes Anbauland vorher, weil der Flugplan es so hergibt oder die Reiseverbindung so gewählt ist. Wirklich wichtig ist, dass man sich an den Ort und die Zeit im Programm hält. Dies trägt zum Erfolg der ganzen Tour bei. Davor und danach ist man frei. Für den Ablauf während der Tour lohnt sich ein Blick in das Programm: Ist eine Rundreise geplant mit Übernachtungen in verschiedenen Städten und Hotels? Oder bleibt man an einem Ort und einem Hotel und bricht morgens mit dem Bus auf und kehrt abends wieder in die Unterkunft zurück? Zur Vorbereitung kann man Reiseberichte lesen. Davon gibt es wirklich eine ganze Reihe und das hilft schon mal etwas, sich auf die Reise einzustellen.