0511 2001 56 80 | Mo-Fr 15-20 Uhr

Vom Cupping zur Studie

Bei uns in der Kaffeeschule finden regelmäßig Open Cuppings statt. Konsumenten und Kaffeetrinkern bieten wir eine leichte Variante einer Kaffeeverkostung an, und sprechen dazu noch etwas über die Kaffees. 

Wenn es an den Punkt kommt, Kaffeegeschmack zu beschreiben, wird es oftmals still und einsilbig. „stark“, „kräftig“, „irgendwie mild“ sind Begriffe, die uns vergleichsweise oft entgegenkommen. Selten geschieht es, dass ein Konsument Vokabular darüber hinaus verwendet.

Warum wir Ihnen das erzählen? Weil hier der Ursprung der vorliegenden Studie liegt. An diesem einen Samstag im vergangenen Jahr trieb uns die Frage um, wie es denn um das Kaffee-Vokabular des Konsumenten bestellt ist. Wenn diese Begriffe alle aus dem heimischen Kaffeekonsum rühren, läge es doch nahe das Kaffee-Vokabular auf Kaffeeverpackungen zu untersuchen. 

Zugleich ist diese Frage nach dem Kaffee-Vokabular eine, die Kaffee-Profis gleichermaßen interessiert. Und so präsentieren wir in diesem Blogpost erste Ergebnisse dieser Studie zu Kaffee-Vokabular. Ganz unten befinden sich auch alle Informationen zur Erhebung der Daten. 

602 analysierte Kaffeeverpackungen 

Beginnen wir ganz vorne: 602 Kaffeeverpackungen haben wir untersucht. Die Angaben zum Kaffee-Vokabular unterteilen wir in zwei Kategorien: Die primäre und die sekundäre Beschreibung des Geschmacks. Was meint das?
Die primäre Geschmacksbeschreibung ist für den Konsumenten am Regal und auf der Verpackung direkt zu erkennen. Die Kaffee-Verpackung spricht dabei passiv mit dem Betrachter und wird nicht in die Hand genommen. Als primäre Beschreibungen des Geschmacks zählen alle Begriffe, die vorne auf dem Etikett angebracht sind. Den Gegensatz dazu bilden die sekundären Geschmacksbeschreibungen: Sie sind auf der Seite oder der Rückseite der Verpackung angebracht. Sie sind für den Konsumenten erst zu erkennen, sowie er die Kaffee-Verpackung in die Hände nimmt. 

Wir betrachten hier die Begriffe, die wir auf der Vorderseite der Verpackung wahrnehmen können, die primären Geschmacksbeschreibungen. 

„Kräftig“, „Mild“ oder „Vollmundig“?

Was glauben Sie, welche Geschmacksbeschreibungen werden am Häufigsten verwendet? Wenn Sie auf „mild“ und „kräftig“ gesetzt haben, liegen Sie sehr richtig. Auf 60 von 319 (18,8 Prozent) Kaffeeverpackungen findet sich der Hinweis auf den zu erwartenden Geschmack „mild“. Dicht gefolgt vom Begriff „kräftig“, der auf 52 von 319 (16,3 Prozent) vorkommt. Warum nur auf 319 Kaffeeverpackungen? Oben ist von 602 untersuchten Verpackungen die Rede.  Von den 602 Kaffeeverpackungen, die wir analysiert haben, finden sich auf 283 keine Angabe zum Geschmack vorne auf dem Etikett. Auf 319 von 602 Kaffee-Verpackungen findet sich wenigstens eine Angabe zum Geschmack. Das entspricht etwa 53 Prozent. Auf etwa 47 Prozent findet sich dagegen keine Angabe zum erwarteten Geschmack vorne auf dem Etikett. Spannend dabei ist, dass sich dieses Verhältnis nach unserer Zwischenauswertung fast umgedreht hat. Einige Ergebnisse aus der ersten Phase der Erhebung haben wir auf dem Kaffee-Campus der Deutschen Röstergilde im Oktober in Hamburg präsentiert. Zu der Zeit hatten wir gerade 265 Kaffee-Verpackungen analysiert. Das Verhältnis betrug im Oktober noch 56 (keine Beschreibung) zu 44 (wenigstens eine Beschreibung). 

Auf etwa 53 Prozent der Kaffeeverpackungen befindet sich eine Angabe zum Geschmack direkt vorne auf dem Etikett. Zwei Angaben zum Geschmack befinden sich auf 31 Prozent (187 Verpackungen) der Kaffee-Verpackungen und auf 57 von 602 Kaffeeverpackungen befinden sich drei Angaben zum Geschmack. Dies entspricht etwa zehn Prozent der untersuchten Verpackungen. 

Neben „mild“ und „kräftig“ gibt es noch über 135 weitere Begriffe, mit denen Anbieter von Kaffee den Geschmack ihres Kaffees beschreiben. Einige bieten wir als kostenfreien Download an. Die restlichen Begriffe veröffentlichen wir mit den ganzen anderen Daten der Studie, sowie sie alle ausgewertet sind.

Muss man als Anbieter von Kaffee diesen überhaupt geschmacklich beschreiben? Nein, denn eine Angabe zum Geschmack ist keine Pflichtangabe im Sinne der Lebensmittelinformationsverordnung oder der Kaffeeverordnung. Wir befinden uns daher im Bereich der Kür, der freiwilligen Angabe, des Marketing. Die Verwendung von Begriffen zur Beschreibung des Geschmacks ist eines von vielen Produktmerkmalen, die ein Anbieter von Kaffee herausstellen kann. Andere sind zum Beispiel verwendete Siegel (z.B. Naturland, UTZ, Fairtrade) oder die Wahl der Kaffeebohne (z.B. 100% Arabica). 

„100% Arabica“

Arabica ist ein gutes Stichwort. Bohnen der Coffea Arabica bringen von Natur aus andere Nuancen im Geschmack mit als die Coffea Canephora, die umgangssprachlich einfach als Robusta bezeichnet wird. Auf 342 von 602 Kaffeeverpackungen findet sich eine Angabe zu „100% Arabica“, das sind 56,8 Prozent. Eine Mischung aus Arabica und Robusta findet sich in 106 von 602 Kaffeeverpackungen, das sind 17,6 Prozent. Keine Angabe findet sich auf 150 von 602 Kaffeeverpackungen, welches einem Anteil von 24,9 Prozent entspricht. Gibt es auch Kaffee aus purem Robusta im Supermarkt zu kaufen? Ja, gibt es. In vier von 602 Kaffees befindet sich diese Kaffeeart und ist auch auf der Verpackung kommuniziert. Das sind 0,6 Prozent. In weiteren Auswertungen schauen wir in welchen Segmenten sich die Kaffeearten befinden, und wie hoch der Anteil der „100% Arabica“ mit Siegeln ist. 

Ist es möglich beides zu kombinieren, also den Geschmack „mild“ mit der Kaffeeart „100% Arabica“? Ja, und wir stellen fest, dass diese beiden Merkmale auf 45 Kaffees zutreffen. Das sind knapp sieben komma fünf Prozent. Die Kombination „kräftig“ und „100% Arabica“ findet sich bei 17 Kaffeeverpackungen. Das sind deutlich unter fünf Prozent. 

Verbotene Aussagen

Doch nicht jedes Wort aus der Welt des Kaffee-Vokabulars darf auf Kaffeeverpackungen. „Magenschonend“ und „bekömmlich“ gehören zu den verbotenen Begriffen. Denn sie stellen einen Zusammenhang her zwischen dem Produkt Kaffee und einer Angabe zur Gesundheit. Der Kaffeeanbieter wirbt praktisch mit diesen Eigenschaften des Kaffees. Es handelt sich dabei um eine „gesundheitsbezogene Angabe“, die in Verbindung mit dem Lebensmittel Kaffee gebracht wird. Und für das Lebensmittel Kaffee gibt es gemäß EU keine gesundheitsbezogene Angabe, die verwendet werden darf. 

Über die Studie

Im Zeitraum vom 05. Juni 2018 bis zum 18. März 2019 haben wir in zwei Phasen die Daten zur Studie erfasst. Die erste Phase ging vom 05. Juni bis zum 11. September. Die zweite Phase ging vom 04. Februar bis zum 18. März 2019. Die Daten wurden mit einer Datenbank auf einem iPad erfasst, die Software heisst Ninox. Wir haben drei Verbrauchermärkte, zwei Bio-Supermärkte, zwei Discounter und zwei Drogeriemärkte in Hannover für die Studie aufgesucht, das sind insgesamt neun Einkaufsstätten. Unter den untersuchten Merkmalen befinden sich die Angabe zum Geschmack, zur Art der Bohne (Arabica/Robusta), zur Herkunft des Kaffees, zum Preis, zu Siegeln. Ebenfalls erfasst wurden Informationen zur Zubereitungsempfehlung als Getränk als auch zur Empfehlung der verwendeten Zubereitungsmethode (z.B. Vollautomat, Padmaschine) sowie der Angabe des Geschmacks mittels einer Skala. Diese Segmente gingen in die Studie ein: Röstkaffee gemahlen, Röstkaffee ganze Bohne, Röstkaffee entkoffeiniert, Espresso gemahlen, Espresso ganze Bohne, Instantkaffee, Pad, Kapsel, Crema ganze Bohne, Schümli. Bei Fragen zum Bezug der gesamten Studie wenden Sie sich jederzeit an Nadine Karbach, nk (at) kaffeeschule (dot) com.