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Vielleicht hast du es mitbekommen: Seit März 2024 nennen wir eine Kaffee-Finca die unsrige. Finca Las Flores umfasst umgerechnet etwa 5 Hektar im schönen Nicaragua, genauer noch, etwas nördlich von La Dalia im Department Matagalpa. Eine klassische Kaffeeregion in Nicaragua, neben Jinotega und Nueva Segovia. 

Nach nun einem Jahr und der ersten Ernte, teilen wir mit dir einige Beobachtungen und Erkenntnisse als Neu-Kaffee-Farmer.

Vorurteil Catimor

Als wir hörten, dass unsere Finca zum Großteil aus Catimor-Pflanzen besteht, waren wir erst nicht so angetan. Ne Catimor, was können wir davon schon erwarten, uff, dachten wir. Mal sehen, was das gibt. Falls du die Reaktion bei dir auch siehst, sitzt du vielleicht genau demselben Gedanken-Irrtum auf wie wir: Eine Catimor, die bringt nichts in der Tasse. 

Doch die Finca und ihre Pflanzen haben uns zum Umdenken gebracht. Die Tassenprofile der gewaschenen, honey-prozessierten, natural aufbereiteten Kaffees sowie der Funky Fermentationen beweisen das Gegenteil. Bei 82 Punkten geht es los und endet – je nach Verkoster – bei 87 bis 88 Punkten. Dazu ist jede Tasse wirklich einzigartig klar und sauber, eine großartige Eigenschaft, wie wir finden. 

Falls du also schon das Gegenteil kennst, oder schon erfahren hast, dass eine Catimor mehr kann, als man allgemein hin denkt, dann überrascht dich das nicht so sehr. Wir wissen es jetzt also auch.

Vorurteil niedrige Höhe

Finca Las Flores liegt auf 850 Metern. Für Kaffee würden wir uns ja im Allgemeinen Angaben jenseits dieser Höhe wünschen. Denn damit verbinden wir Qualität und komplexe Aromen in der Tasse. Haben wir auch gedacht. Doch schon der Besuch bei Erwin Mierisch von Mierisch Coffee Farms 2024 hat uns aufhorchen lassen: Die Farm „Los Placeres“, die wir im Rahmen unserer Funky Fermentation Coffee Tour besuchten, liegt auf 950 Metern. Und lieferte schon einen Kaffee, der beim Cup of Excellence hervorragend abschnitt (eine Ethiosar-Varietät). 

Und so bringt der Kaffee von Finca Las Flores in der Ernte ’24/25 bemerkenswerte Tassenprofile mit, also wollte der Kaffee sagen „Höhe? Ist mir doch egal!“. Und so lernen wir, dass eine Catimor auf „nur“ 850 Metern fantastische Ergebnisse in der Tasse bringen kann. 

Nicht zu unterschätzen: Der Dünger

Was wir aus der Theorie wußten, haben wir dann aus erster Hand ganz praktisch erfahren: Kaffee-Pflanzen brauchen absurd viel Dünger und der schlägt auf die Kostenseite. Dünger ist neben den Kosten für Personal die höchste Position in unserem Budget. Pro Hektar wollen etwa 3500 bis 4000 Pflanzen versorgt werden. Die Dichte ist aktuell noch zu hoch und die werden wir ausdünnen zur nächsten Saison. Pflanzen brauchen deswegen so viel Dünger, weil sie eigentlich zu viele auf zu wenig Boden sind – Es ergibt sich eine Konkurrenz-Situation um die Nährstoffe. Daher fügen wir von außen zu und düngen. 

Im ersten Jahr folgten wir im weitesten Sinne den Empfehlungen unseres Finca-Chefs Jose und des externen Beraters Erik. Beide waren zuvor schon bei Mierisch angestellt gewesen und Erik berät dort immer noch. Für die nun kommende Saison werden wir einige Mittel umstellen, denn unser Ziel ist weniger von außen zuführen und mehr selbst machen oder von der Finca selbst nutzen, z.B. die Pulpe oder Bokashi. 

Faktor „Guter Boden“

Im weiteren erfreut uns, dass der Boden der Finca von hervorragender Qualität ist. Unser Finca-Chef Jose ist begeistert, ebenso Erik. Um das ganze mit Zahlen zu stützen, haben wir den ph-Wert gemessen. und eine Bodenanalyse in einem Labor in Auftrag gegeben. Denn ein guter Boden ist hier alles: Er lebt und versorgt die Pflanzen mit Nährstoffen. Er ist wichtig für eine gesunde Finca, wo Pflanzen und Tiere sich gerne aufhalten – Und wir uns auch. 

Know-How

Zwei Gegenheiten ergänzen sich hier wunderbar, beziehungsweise greifen perfekt ineinander: Das eine ist das Know-How hier vor Ort. Unser Finca-Chef Jose bringt 15 Jahre Erfahrung im Specialty Coffee Bereich mit, unser Berater in allen agronomischen Fragen, Erik, mehr als 20. Sie wissen, was sie tun und was funktioniert. Das ist uns eine große Hilfe und vermittelt ein gutes Gefühl in der Welt des Kaffee-Anbaus gut zu navigieren und nicht blind teure Fehler zu machen. 

Das gleiche gilt auch für das Team von Sajonia, wo wir unseren Kaffee professionell trocknen und weiterverarbeiten lassen. Von der krassen Genauigkeit konnten wir uns auch schon 2024 während der Funky Fermentation Tour überzeugen. Der Manager Manfred Günkel erklärte uns damals schon alles im Detail und seine Begeisterung für Specialty Coffee. Wir sind dem Team von Sajonia sehr dankbar, denn wir brachten diese Ernte mitunter Lots von nur 1 oder 2 Säcken und haben bei etwas über 600 Kilogramm Rohkaffee über 30 verschiedene Prozesse und damit 30 verschiedene Nummern und Zuordnungen. 

Was nun ebenfalls gut greift ist unsere Erfahrung aus unzähligen Reisen in den Ursprung, von ebenso vielen Farm-Besuchen und von hunderten von Verkostungen mit verschiedensten Qualitäten auf dem Löffel, von Commercial Coffee bis Cup of Excellence.

Ohne diesen Hintergrund könnten wir schwerlich beurteilen, was wir machen, wohin wir wollen, welche Schritte bei der Ernte und den ganzen Arten der Verarbeitung danach nötig sind, und  – worauf es uns wichtig ist, zu achten. 

Das besondere an dieser Ernte ’24/25

Klar, die erste Ernte ist immer besonders – Genau wie der erste selbst geröstete Kaffee oder der erste selbst importierte Sack Rohkaffee. Was meinen wir also? Finca Las Flores erlaubt uns etwas seltenes in der Welt des Kaffees: Eine Finca, eine Varietät und mehr als 20 verschiedene Weiterverarbeitungen nach der Ernte. 

Wir erinnern uns wie hakelig es oft war für Sensorik-Kurse Rohkaffee zu finden, der von einer Finca kommt und idealerweise nur eine Varietät besitzt. Damit wir den Effekt der Weiterverarbeitung nach der Ernte besser in der Tasse zeigen konnten. 

Jetzt geht das. Plus: Durch unsere experimentellen und Funky Fermentationen bietet der Kaffee noch mehr. Den Effekt genau einer Art der Weiterverarbeitung in der Tasse zu schmecken. Denn wir haben verschiedene Hefen zugeführt (Porto, Bordeaux, Turbo8) und verschiedene co-Fermentationen erstellt, von Bananenpüree, Zitrusfrüchten und Salz für die laktische Fermentation. Und natürlich gibt es die Klassiker der Prozesse, die gewaschene, die Honey und die Natural-Aufbereitung. 

Das finden wir sehr besonders und freuen uns schon, wenn der Kaffee in Hannover eintrifft. 

Falls du interessiert bist, wir werden eine kleine Menge zum Bestellen bereit stellen. Damit du auch diese wirklich besondere  Erfahrung machen kannst. 

Nach der Ernte ist vor der Ernte

Wir wissen (noch) nicht, was andere Kaffee-Farmer genau machen, wenn keine Ernte ist. Aber wir denken: Viel! Denn nach der Ernte – oder eigentlich schon während der Ernte – beginnen die Ideen für die Zeit danach. Und da gibt es echt viel zu tun. Und je größer deine Kaffee-Farm, desto mehr Handgriffe gibt es zu tun, desto früher musst du deine Düngermengen planen und bestellen, desto eher musst du wissen was in der Ernte 2025/2026 und danach passieren wird. 

Und so begannen wir schon während der Ernte an die nächste zu denken. Zum Beispiel haben wir noch Jungpflanzen von der Finca El Jaguar und unserem lieben Freund George Duriaux gekauft. Ebenfalls haben wir schon vergangenes Jahr Samen der Varietät Ethiosar selbst ausgesäht im Vivero und hochgezogen. Für alle diese neuen Pflanzen haben wir ein freies Feld, wo vorher Mais und dann Bohnen wuchsen, bereit gestellt. Es werden um die 6000 Pflanzen werden, die neu dazu kommen. 

Im weiteren wollen wir unsere kleine Washing Station umbauen, und diese um eine Art geschwungenen Schwemmkanal erweitern. Dies haben wir als Learning von der Finca El Jaguar mitgenommen, denn in den Kurven bleiben andere Qualitäten hängen. Damit einher gehend wollen wir die Handgriffe effizienter gestalten, denn wir rechnen mit 20 Prozent mehr Volumen. 

Dazu müssen wir unseren Zugang zur Finca noch weiter verbessern, baulicher Natur: Denn unser 4×4 Laster kommt bei starkem Regen und ohne Ladung weder vor noch zurück. Dann wollen wir den Zaun rund um die Finca noch verbessern, damit nicht nochmal Diebe uns unseren fast fertig getrockneten Kakao einfach stehlen (ja, wir haben Kakao, aber der wird weiterem Kaffee weichen müssen). 

Ein kleines Fazit

Als Hobbygärtner weißt du es schon: Mit und in der Natur zu arbeiten ist etwas großartiges. Samen sähen und die Pflanze wachsen und gedeihen sehen, die Ernte genießen – Das ist schon ein besonderes Gefühl. Da vergisst man gerne den Schlamm, den Regen, die Samen, die nichts geworden sind, die Nerven, die Kosten. 

Das Vorhaben „eigene Kaffee-Farm“ ist auch sicherlich nicht für jeden passend, aus verschiedendsten Gründen. 

Für uns fühlt sich Finca Las Flores soweit richtig an und die Energie an diesem Ort beseelt einfach jeden. Zudem steigt unsere Lernkurve erneut steil an: Es gibt viel zu wissen über Boden, Dünger, Nährstoffe und die Balance aus alledem. Ebenfalls wollen wir noch weiter herausfinden, welche Schritte welchen Effekt genau auf die Qualität haben. Denn machen kann man viel, doch was sind die entscheidenden Variablen? – Da sind wir neugierig drauf. 

Zudem zeigen unsere Erfahrungen bis jetzt, dass wir bei der Verarbeitung nach der Ernte auf einem sehr guten Weg sind, ganz gleich ob klassische Aufbereitung oder Funky Fermentations. Natürlich erfährst du in unseren Kursen und persönlichen Gesprächen alles dazu, was du wissen willst. 

Sehr zu schätzen wissen wir das besondere Gefühl, erneut zu Hause zu sein, in der Welt des Specialty Coffee. Wir haben so viele tolle Leute alleine über den Kaffee und den Kaffee-Anbau kennen gelernt und dies bestätigt erneut die verbindende Magie dieser Pflanze und des Getränks. Einige Farmen und Kaffees werden wir euch sicher noch näher vorstellen, denn sie sind einfach zu gut, um sie nicht zu teilen oder davon zu berichten. 

Du hast konkrete Fragen zu Las Flores, den Aufbereitungen oder willst mal probieren?

Melde dich jederzeit bei Thomas unter info@kaffeeschule.com, WhatsApp oder unter 0511 – 2001 5680 (ab 15 Uhr).